Zurueck

Ich befinde mich ja selten in Situationen, in denen mir die Worte fehlen. Oder in der ich nicht aus einer Muecke einen Elefanten machen kann - bitte im susannefreundlichen Sinne von "sich-das-Leben-interessant-reden" verstehen. So auch heute nicht. Denn jetzt, es ist halb vier, bin ich auch endlich vernuenftig wach, hab ich in den ersten Stunden des heutigen Tages mehr blogbares erlebt, als ich mir haette traeumen lassen - und mich doch wieder in so bekannten Lebenslagen befunden.

Alles begann heute morgen um sechs im japanischen Ueberseeterritorium Queensland. Dort, wo die Strassenschilder schon mal teils, mal voll japanische Schriftzeichen aufweisen (sic!), dort kann man so herrlich das vorgefertigte Feindbild "Der gemeine Asiate an sich" festigen. Queensland, das ist "australisch-japanische Freundschaft" in hochkapitalistischer Perfektion - vor sechzig Jahren haben die Japaner Darwin in Schutt und Asche gelegt, heute gehoert ihnen halb Queensland - und der Australier nennt dies ob der millionenschweren Investitionen in Bettenburgen und amerikanisch anmutende Themenparks "Aussoehnung". Toll!

Wir leben durchaus in einem modernen, toleranten und von modischen Verwuestungen nicht verschonten Zeitalter. Und irgendwie wird einem das nirgendwo sonst so klar, wie auf einem internationalen Flughafen mit hoher asiatischer Frequenz. Aber Kinners, es gibt Schmerzgrenzen! Durchaus! Jawoll! Wer kennt sie nicht, die Sonnenschutzaufsaetze auf deine normale Lesebrille - bei unseren asiatischen Mitmenschen scheinbar besonders beliebt. Aber ist es denn bisher niemandem gelungen, diese Dinge einigermassen dem Zeitgeist anzupassen? Und warum warnt niemand unschuldige Teenager? Was bitte ist so sexy ab einer persoenlich, freisimulierbaren Sonnenfinsternis in Terminal 3?

Ich bin ja schon allein deshalb genervt, dass ich bei der Buchung nicht gemerkt habe, dass ich keinen Inlandsflug, sondern einen internationalen Flug gebucht habe. Also zwei Stunden vorher einchecken. Fuer einen inneraustralischen Flug von Brisbane nach Sydney - Flugzeit: fuffzich Minuten. Jojo, Pass ist fast abgelaufen, durch den Zoll in Sydney komme ich nicht ohne das Heimflugticket. Und wenn die mich jetzt auch noch wer nach zu verzollenden Guetern fragt, dann setzt was! Aber wenigstens war der Flug billig. Und man fliegt Qantas - nix mit no-frills Fluglinien. Pah! Die Konsulin reist nobel!

Ich fuehl mich nach dem feuchtfroehlich-schwuelen Cricketmatch gestern und zur fruehen Stunde, als haette man mich durch den Fleischwolf gedreht UND danach um die halbe Welt geflogen. Ich steh am Gate 78 (suess, wo haben die in Brisbane denn mit dem zaehlen angefangen? Bei 75?). Steht ja so auf der Boardkarte, die mit einem orangenem "D" versehen ist - was mich in Sydney vorbei an den ganzen Einwanderungskontrollen vorbeischleusen soll. Also steh ich da und denke: da fehlt doch was. Richtig! Da ist kein Flugzeug. Hm, denke ich mir, als eine Horde haesslicher Emirates-Flugbegleiter auftaucht (und ehrlich - die Uniform uebertrifft noch die Altkleidersammlung von British Airways) auftaucht, da bin ich falsch. Aber zum Glueck gibt's ja englischsprachiges Personal, das einer so verdetschten Konsulin zur fruehen Morgenstund die Richtung zum neuen Gate aufweisen kann.

Und sie sind ueberall. Die asiatischen Modeexperten. Die rennen auch schon mal voellig diffus rueckwaerts durch die Sicherheitskontrolle (also wieder raus...). Also ICH wollte kein Sicherheitsexperte in Brisbane sein. Da braucht man viel Gedult. Liebe Queenslaender: wenn ihr auch ALLES auf japanisch, chinesisch und koreanisch ausschildert, werden die euch nie verstehen lernen!

So, genug des Asianbashing. Denn die Momente, in denen man ueber die gleichzeitige Einfuehrung von Waffenbesitzrecht fuer alle, Selbstjustiz und Todesstrafe nachdenken muss, setzen sich fort. Wir sind schon fast an Newcastle vorbei, als dem Flugbegleiter auffaellt, dass ich kein Fruehstueck habe. Also mir persoenlich ist das anhand den trolleyschiebenden Saftschubsen und dem herrlichen Kaffeegeruch ja schon frueher aufgefallen - aber ich dachte da mehr an eine Gottesstrafe fuers Billigflugbuchen. Also hab ich dann noch exakt zehn Minuten fuers Fruehstueck. Die Banane bleibt liegen - die wird ohnehin den rigiden Obstbefoerderungsbestimmungen innerhalb Australiens zum Opfer fallen. Und mein Bananenheisshunger auf 25.000 Fuss Altituede haelt sich auch in Grenzen.

Und dann ists soweit: ich darf - obwohl Australien eigentlich gar nicht verlassen - in Sydney durch den Einwanderungseingang "diplomats only" (hoert! hoert!). Da darf man dummerweise leider nicht fotografieren.

Alsbald sitze ich mit meinem 20kg Rucksack natuerlich im gut zugaenglichen "priority seating"-Bereich im Bus. Und waehrend man aufsteht, geht das "have a seat" im Getoese der 90jaehrigen Oma unter, was man da denn gefaelligst verloren hat, mit seinen gesunden Knochen und jungen Jahren - und Oma stolziert an den offerierten Sitzen schnurstracks vorbei, bis zum hintersten Ende des Busses. Gut, wer nicht will, der hat schon!

Und wen's jetzt noch interessiert: das war mein 50. Flug.

Aktuelle Beiträge

Herdentiere gehoeren...
Wenn zur Hauptverkehrszeit an einem U-Bahn-Hauptverkehrsknoten ...
konsulat - 15. Mai, 20:50
Do you ever get a day...
Nee, im Moment nich. Aber irgendwie ist das auch ein...
konsulat - 23. Apr, 14:13
Schlachttag
In meiner Panik habe ich am Samstag ja noch versucht,...
konsulat - 7. Apr, 15:02
t minus 8 Stunden und...
Schalalalalalala schlalalalala.... mann kennt's. Und...
konsulat - 6. Apr, 06:00
Auf dem Ruecken der Kunden
Eines der schwachsinnigsten Argumente von Arbeitgebern...
konsulat - 2. Apr, 16:53

seit dem urknall...

Suche

 

Status

Online seit 6757 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 15. Mai, 20:51

Credits


adventskalender
falschparker
gastrologisches
hamburgisches
impressionen
konsularisches
medienrauschen
nachgeschoben
netznetz
on the road
philophil
politisiert
pubgeflüster
quiz nites
sportliches
technik & kapitalismus
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren